Wo befindet sich Musik als Sinn, Struktur, Gestalt, Erlebnis? Weder in den Noten noch in
den Klängen, sondern im Kopf, oder, genauer, in der Seele, im Geist des Zuhörers, in
seiner Wahrnehmung. Genauso findet man den Inhalt eines Buches weder auf dem
Papier, noch in den Buchstaben und Wörtern (die graphisch wie akustisch gegeben
werden können) -, er befindet sich im Kopf/Gehirn, oder genauer, in der Seele, im Geist
des Lesers, in seiner Wahrnehmung.
Wann befindet sie sich dort? Entweder in der Zeit sich entfaltend, im Prozess des Hörens/
Lesens (worin sich die Zeit transformiert), oder zusammengefasst, als eine Einheit, ein
Antlitz - in dem Moment, wenn ein Text (früher bereits in der Zeit erlebt) zum Gegenstand
der Erinnerung, einer analytischen Spekulation wird.
Gibt es keinen Kopf, keine Seele, keinen Geist - so gibt es auch keinen Sinn, kein Antlitz,
keine Struktur mit ihrer emotional gefärbten Verinnerlichung. Nur Papier und sinnlose
Zeichen, graphische oder akustische. Die Drei Musketiere leben weder auf den Seiten des
Buches, noch auf der Leinwand oder in einer mündlichen Überlieferung (in beliebiger
Sprache), für ihre Entstehung ist ein Leser/Zuschauer/Zuhörer notwendig. Und - es ist
unmöglich, aus den Texten etwas über ihre Eigenschaften und selbst die Existenz ihrer
Umwelt zu erfahren, die für sie geeignet sind und die all ihre Qualitäten und selbst ihr Sein
selbst bestimmt (nämlich Geist, Seele, Wahrnehmung). Somit ist ihre Ursache, ihr Zweck
und schließlich ihre Existenz (nicht als Zeichen, sondern als Bedeutung) den Texten,
Werken, Klängen absolut transzendent (der Leser ist den Musketieren transzendent).
Sie existieren in einer Welt als Materie (Zeichen, Klänge), und in der anderen, der
transzendenten, als Sinn, Wesen, Erlebnis.
Dieses Beispiel ist das Modell der Beziehungen zwischen Welten, von denen die eine
vollkommen die andere determiniert, ihre Ursache und ihre Umwelt ist und für sie dabei
völlig unsichtbar, unerfahrbar bleibt, wie auch prinzipiell anders in ihrem Wesen und ihrer
Zusammensetzung.
Das Modell, das Licht auf das Sein einer mystischen Intuition wirft -, aber auch einer
jeden rituellen Praktik, mit dem komischen Cargokult angefangen, wie auch auf die Natur
der Sprache und insbesondere der Programmierung und KI-Forschung (unerwartet aktuell
und aufschlussreich scheint hierbei die kabbalistische Theorie von wenigen Zeichen, die
für die ganze Unendlichkeit der Schöpfung stehen).
Es ist auch gewissermassen das alte Model der Dualität von Körper und Seele, nur ist die
Seele hier dem Körper transzendent, befindet sich in einer anderen Dimension -, und es
ist zwecklos, sie in dem Körper zu suchen. Somit wird auch die Vorstellung von Raum
korrigiert - als Parallelität von Dimensionen (die Zeit wurde ja schon als zwei Modi
dargestellt: ausgerollt und aufgerollt.