Boris Yoffe English Deutsch Русский
Die Blumen des Bösen

Les Fleurs du Mal jenseits des Eisernen Vorhangs (Vortrag)

Bei unserer ersten Begegnung hier vor einigen Jahren durfte ich über Schostakowitschs
Paradoxien reden. Eine von diesen Paradoxien konnte ich auf dem letzten Treffen etwas
ausführlicher besprechen, nämlich die "ästhetische Strategie der Verarschung". Nun ist ein
Paradoxon im Blick, das mich seit Jahren fesselt und erstarren lässt. Es ist der Zusammenhang vom
Schönen und Bösen, Schrecklichen, Hässlichen. Dieses Paradoxon bleibt auch heute für mich
unlösbar, weshalb ich eigentlich anstatt zu reden, hier einfach eine Stunde schweigend stehen
könnte um diesen Zusammenhang, der evident und jedoch unverständlich ist, innerlich zu
betrachten.
Nach vielem Nachdenken aber auch Diskutieren mit Freunden und Kollegen bleibt mir hierbei nur
ein unzureichender Schluss: der Mensch ist grundsätzlich irrational und lässt sich nicht verstehen/
erklären.
Das ästhetische Erlebnis ist unmittelbar, evident, psychophysisch. Es ist wie bei einem Witz:
entweder bringt er zum Lachen oder nicht; alles Theoretische - ob er harmlos, zynisch,
obszön, politisch, ausgesucht oder primitiv ist - kann die Tatsache, ob er witzig ist, nicht
beeinflussen. Auch das ästhetische Erleben, also die unmittelbare Auseinandersetzung mit dem
Schönen, Vollkommenen, findet entweder statt oder nicht - unabhängig davon, welche ethische,
politische oder philosophische Aussage sich mit einem Kunstwerk verbindet, bzw. welche
Motivation - Angst, Liebe, Hass, oder Raffsucht - dahinter steckt. Auf jeden Fall ist es eine
Tatsache, dass eine grosse Menge von wunderbaren, vollkommenen, faszinierenden
Meisterwerken - natürlich nicht nur in der Musik, aber auch sehr oft in der Musik - durch die
Auseinandersetzung mit dem Schrecklichen, Schmerzvollen, Hässlichen und Bösem
entstanden ist. Dabei ist diese Auseinandersetzung keine unbedingte Voraussetzung der Kunst, ob
gelungener oder nicht. Zum Beispiel konzentriert sich die venezianische Kunst vor allem
nicht am Leiden Christi, sondern an der geistigen und körperlichen Schönheit der heiligen
Gesellschaft. Auch hat das Schreckliche oder Hässliche kaum Platz in der Ästhetik
beispielsweise Mozarts, Haydns, Schuberts oder Bruckners -, anders jedoch natürlich bei Bach,
noch mehr bei den Romantikern und Expressionisten, oder in der Renaissance-Kunst
diesseits der Alpen, man denke nur an die dem Alptraumhaften verpflichteten Meisterwerke des
unvergleichlichen Matthias Grünewald.
Die Palette des Schrecklichen und Bösen in der europäischen Kunst zu definieren wäre an
sich ein spannendes Unternehmen, ich erlaube mir nur kurz auf die Breite dieser Palette
hinzuweisen - dabei werden ihre Elemente auch zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich

bewertet, wie z. B. das Leiden in der christlichen Mythologie oder das Zerstörerisch-
Dämonische in der Romantik. Auch der Tod hat viele Gesichter, vom hässlichen Erzfeind

des Menschen und des Lebens bis zum „Freund, der nicht zum Strafen kommt“.
Das Böse ist ambivalent und kann bekanntlich attraktiv sein, das Paradoxon aber der
Schönheit des Bösen als einer grundlegenden ontologischen Gegebenheit hat keiner klarer
und besser als William Blake in seinem Tyger (1794) formuliert. Für unser Gespräch ist
heute besonders wichtig nicht sosehr die Formulierung dieser Ambivalenz an sich, sondern
die Tatsache, dass sie ein absolut grossartiges Gedicht ist. Ein wunderschönes Kunstwerk,das das
Böse thematisiert - zuweilen auch verherrlicht - ist eben selbst so eine Art geheimnisvoller Tyger.
Wären Les Fleurs du Mal von Baudelaires schlecht geschrieben,
wäre es ein weiterer unbedeutender Versuch irgendwelche heuchlerischen ethischen

Gesellschafts-Tabous zu brechen; es ist aber ganz große Poesie, also eine Höchstleistung des
menschlichen Geistes, die aus der Faszination der Exotik des Bösen entsteht. Und das ist
verwirrend.
Wie vielfältig die Auseinandersetzung des westeuropäischen Geistes mit dem
Schrecklichen, mit dem Bösen und mit dem Tod ist, wusste sehr wohl auch Alexander
Lokschin, der sich ja immer wieder entsprechende Texte ausgesucht hat; jedoch ist der
Beitrag der russischen und sowjetischen Kunst zu dieser Auseinandersetzung nicht zu
übertreffen. Wenn Puschkin und Lermontow sich da noch in den westeuropäischen
ästhetischen Grenzen bewegen, so scheint bei Gogol, Dostojevski, Tolstoj, Leskow,
Andrejew, ja aber auch Tschechow und dann Platonow, Charms oder Schalamow das
Betrachten, wie tief der Mensch fallen kann, wie abstoßend, sinnlos, elend und furchtbar das
Leben sein kann, das zentrale Thema und eben eine wichtige Inspirationsquelle zu sein. Da
kann der Tod noch als eine tröstliche und erwünschte Alternative wirken. Und die zentrale
Persönlichkeit der russischen Musikgeschichte schlechthin, bei der das Element des Schrecklichen
sich zwischen der bitteren Todesangst und alptraumhaften Lebens-Ablehnung sich wie zwischen

Skylla und Charybdis entfaltet, ist Modest Mussorgsky. Wie sorgfältig diese Mussorgsky-
Tradition Schostakowitsch gepflegt hat, ist wohlbekannt. Bekannt ist auch, zu welchen

Absurditäten die angebliche Weiterentwicklung dieser Tradition in der offiziellen sowjetischen

Musik geführt hat - zunächst in der klassischen sozialistischen-Realismus-
Ästhetik, dann bei Vertretern des sowjetischen Expressionismus: Die musikalische Schilderung des

Bösen war unvermeidlich, um den Sieg des Guten über das Böse
anschaulich und überzeugend zu präsentieren.
Bei der letzten Generation sowjetischer Komponisten - wie Schnittke, Gubajdullina, Denisow,
Karetnikow, Karamanow, Tischenko oder ganz besonders Ustwolskaja - hat sich
die Schilderung des Bösen und Schrecklichen fast zu einem Selbstzweck entwickelt, zu einer
spektakulären apokalyptischen Ästhetik.
Ganz abseits von diesen Strömungen - und auch frei von jedem Einfluss Schostakowitschs -
steht die Musik Alexander Lokschins. Wie wenig Sowjetisches sie an sich hat, hoffe ich
Ihnen an dem Beispiel seiner Fünften zeigen zu können. Lokschins Expressionismus steht in
einer direkten Verbindung zur westeuropäischen Musik, ist jedoch ganz eigenartig. Bekannt
ist die unglaubliche Tatsache, dass auch Lokschins Persönlichkeit gerne und voreilig durch
Gerüchte und Geläster mit dem Element des Bösen in Verbindung gebracht wird; man
konnte an den Fall Gesualdo denken, aber bei Gesualdo gilt ja seine Schuld als bewiesen,
und bei Lokschin keinesfalls! Er ist eine unglückliche Ausnahme, bei der das Prinzip der
Präsumtion der Unschuld nicht gilt. Selbst der russisch- französische Film über ihn aus dem
Jahr 2003 trägt den Titel „Genie des Bösen“ -, solange jedoch, bis irgendeine Beschuldigung
Lokschins nicht erwiesen ist, bleibt so etwas stets eine Verleumdung! Man könnte meinen,
dass ein biografischer Mythos sich hier irgendwie mit dem kompositorischen Schaffen überkreuzt,
ich glaube aber, dass Lokschins Schaffen nur einer verschwindenden Minderheit
derer, die von seiner Geschichte gehört haben, bekannt ist. Die Diskussionen über sein angebliches
Agieren als KGB-Informant bleiben heiß und haben beispielsweise seinem
Sohn, heute einem älteren Herrn, das Leben vergiftet und die Gesundheit ruiniert, wobeialleine

schon die Tatsache, das KGB bzw. NKWD keine Informanten brauchte, um ihre unzählige Lügen-
Prozesse zu falsifizieren, sticht ins Auge. Fakt aber, dass Lokschins erstes grosses Werk - noch zu

Studienzeiten geschrieben -, das

inzwischen sporadisch und mit Erfolg auf den Konzertbühnen zu hören ist, den Titel Les
Fleurs du Mal trägt und die Sonette Baudelaires’ vertont. Im Jahr 1939 scheint es geradezu
provokativ, anstatt Lenin und Stalin den Duft der Busen einer unbekannten Schönen zu
besingen; jedoch war es vermutlich keine bewusste Provokation, sondern ein sicherer erster
Schritt auf dem Weg, dem Lokschin sein ganzes Leben folgte: vokale Symphonien zu den Texten
westeuropäischer und russischer Klassiker. Die besondere Lokschinsche Art, mit den
Texten umzugehen, habe ich in meinem Buch analysiert und an zahlreichen Beispielen
demonstriert; kurz beschrieben, geht es um eine Art Deklamation - dabei ist es
unwesentlich, ob in der Originalsprache oder in russischer Übersetzung - die sich quasi parallel zu
der instrumentalen symphonischen Entwicklung entfaltet, als eine eigene Ebene.
Also kein Lied, keine Romanze, aber auch keine opernhafte Szene, sondern eher ein vokalisiertes
Vorlesen des Textes und seine gleichzeitige Entfaltung in der instrumentalen
Musik. Zu welchen besonderen künstlerischen Resultaten eine solche Technik führt und welche
besondere Stellung sie musikgeschichtlich hat - vor allem in der semantischen
Beziehung zwischen Musik und Wort - kann Thema einer eigenen Forschung werden. Ich möchte
mich heute lediglich auf das Paar des Schönen - und des Bösen beschränken. Und
im Gegensatz zu den unzähligen Beispielen von spektakulär-unterhaltsamen Schilderungen des
Horrors - ob bei sowjetischen Komponisten, von Kabalewski bis Gubajdullina, oder
westlichen, wie Britten oder Martin -, schafft Lokschin eine feine, ausgewogene, letztendlich
harmonische und erhabene Musik, verwandt eben mit in ihrer Form perfekten Sonetten Baudelaires

oder Shakespeares. Parallel zu seinem eigenartigen Vertonungs-
Konzept schafft er eine eigene, sofort erkennbare Melodie- Sprache, eine eigene Art der erweiterten

tonalen Harmonik mit eigenständiger Behandlung von Dissonanten und
harmonischen Spannungen, und eine eigene Art des Formbaus, die um die Variations- Technik
kreist. Die Themen, die ihn inspirieren, sind: Fluch und Verdammung, physischer
und psychischer Schmerz, Angst, Busse, Dunkelheit, Hinrichtung, Folter, Wahn, Tod eines
Geliebten, eigener Tod, Zerfall... Zu all diesen und verwandten Themen findet Lokschin
Texte bei Goethe, Kipling, Villon, Camoec, aber auch bei japanischen Dichtern und
russischen Klassikern des 19. und 20. Jahrhunderts. Selbst bei Puschkin, der grundsätzlich
für das Geistvolle, Lyrische, Nüchtern-Ironische oder Rationale steht, findet er in den
Gesängen der Westslawen eine kaum erträgliche Szene etwa der Hinrichtung durch
Enthäuten. Ganz signifikant ist schon die Erste Symphonie, welche die beiden ersten Sätze
des lateinischen Requiem vertont und somit nach einem erhabenen und verklären Requiem
etaernam eine monumentale Schilderung des Jüngsten Gerichts als zweiten - bzw. letzten -
Satz enthält. Der Tod - am liebsten als traumvoller Schlaf wie bei Hamlet - scheint viel attraktiver
zu sein, als das Leben, und die Auferstehung ist eher nicht wünschenswert.
Dieses Paar - qualvolles wertloses Leben und Tod als Erlöser - möchte ich Ihnen mit dem Beispiel
der Fünften Symphonie demonstrieren, die auch zwei Sätze besitzt, wobei das
Entsagen des Lebens hier im ersten Satz thematisiert wird und das Sterben als erleuchtender
Zustand - im zweiten.
Die Symphonie ist ein Paradebeispiel für Lokschinsche Musiksprache - und auch für seine
Beziehung zur verbalen Sprache, sie kann genauso gut auf Russisch wie auf Englischgesungen
werden. Ich habe mir immer wieder erlaubt, diese Musik als eine Art Rätsel den Kollegen oder
Schülern zu zeigen, und es hat wirklich niemand hier einen sowjetischen
Autor vermutet.
Beispiel 1.
Im zweiten Satz wird das Sterben als eine wunderschöne erhabene Herbstzeit idealisiert -
eigentlich ein traditionelles Bild in der russischen Kunst seit Puschkin...

Das nächste Beispiel ist ein Satz aus der Neunten Symphonie, die ich in meinem Buch als
Höhepunkt des europäischen Expressionismus schlechthin bezeichnet habe. Heute, ca. 12
Jahre später, empfinde ich es immer noch so. Der Text stammt von keinem Klassiker -
einzige Ausnahme bei Lokschin! - sondern von einem weniger bekannten Dichter Leonid
Martynow, und stellt eine seltsame Mischung aus surrealistischem Dada und sowjetischem
Journalismus-Stil dar. Dieser Satz, der vierte - Toccatta - lässt sich schlecht übersetzen und wird
natürlich auf Russisch gesungen, konnte aber meiner Meinung nach genausogut auf
Deutsch klingen. Hier mein Übersetzungsversuch:
Der Mensch, der geschlagen wurde,
Getreten, benzint und kerosint,
Der geschmissen wurde
Und an allen vier Seiten
Einen feindlichen Aufseher bekam; Und doch nicht enthauptet wurde... Der empfindet eine
Sympathie zu mir!
Beispiel 2.
Hier also hören wir eine Quintessenz der Musik der Gewalt, Aggression, Zerstörung, des
physischen und psychischen Schmerzen, aber auch einen panischen Zustand, und wie immer bei
Lokschin entfallet sich die Musik parallel zum Text wie sein Anderssein, wobei sie als
Ausgangspunkt bestimmte Worte, Ausdrücke, Metaphern nimmt. Dem deutschen Zuhörer, der die
Lokschinsche Art mit der literarischen Vorlage umzugehen nachempfinden möchte, kann
man vielleicht seine Lieder Gretchens besonders empfehlen... Die andere Linie, die wir in dem
zweiten Satz der Fünften kennengelernt haben, nämlich die
des Sterbens, des Todes als Zerfalls-Prozess - ohne jeglichen Schrecken oder Abscheu, sondern als
etwas Schönes und Erwünschtes - realisiert sich vollkommen in dem dritten
Satz (als dritte Variation markiert) der Zehnten. Zur Musik wird hier eines der schönsten und
rätselhaftesten russischen Gedichte schlechthin, das ein völlig eigenartiges Todesbild
ins Leben ruft. Es gibt hier keinen Geist, der nach dem Tod des Körpers in einer oder anderen Form
weiterlebt, keine posthume mystische Vereinigung mit dem Gott im Sinne
Bachs, kein Erwachen zum neuen Leben wie beispielsweise bei Schubert in den Trockenen
Blumen. Liebevoll poetisiert wird der subtile Zerfall der Körper in ihren Gräbern unter der
Erde; der Dichter spricht mit den Teilchen und Atomen, die von seinen zersetzten Freunden
- auch Poeten - und gleichzeitig ihren Werken - übriggeblieben sind. Das Gedicht schliesst
sich wie ein Kreis zu ihrer Anfangszeile, und hat eine unglaubliche symbolische, ja
magische Wirkung.
„...In breiten Hüten, langen Rocken, mit euren Gedichtsheften, seid ihr längst zum Staub
geworden, wie verblühte Fliederäste... Ihr seid in einem Land, wo es keine Formen gibt,
statt Himmel - der Grabhügel und der Mond steht unbeweglich... Es singt für euch ein
Insektenchor ...habt ihr denn alles vergessen, auch euren oben gelassenen.Beispiel 3.
Ein Künstler, der weder von religiösen noch politischen Ideologieen motiviert ist und in seinem
Schaffen meisterhaft und konsequent ein Entsagen dem Leben und ein Willkommen
dem Tod gegenüber postuliert, ist ein Widerspruch, an dem die intuitive, irrationale Natur des
Ästhetischen besonders deutlich hervortritt. Solche Lebensverweigerung muss sich auch
nicht unbedingt biografisch bestätigen; so kann man Lokschins Leben trotz allen Turbulenzen nicht
als unglücklich bezeichnen: immerhin hatte er seine liebende Familie und
einen kleinen Kreis von Freunden und Verehrer, und konnte auch Uraufführungen vieler
Symphonien in vorzüglicher Interpretation von einem von ihnen - Rudolf Barschai - erleben.

Ein Werk bewusst als eine Art Testament zu schreiben und sich dann tatsächlich nach seiner
Fertigstellung das Leben zu nehmen - solche Konsequenz ist eine erstaunliche Ausnahme und
scheint an eine Besessenheit zu grenzen, eher mit einer glühenden Religiosität
verbunden als mit einem nüchtern misanthropischen Stoizismus. So verhielt sich Nektarios
Tschargejschwili, ehemaliger Kommilitone von Schnittke,
Karamanow und Gubajdullina, der sich 1971, nach der Beendigung seiner grossartigen Symphonie,
erhängt hat. Der Partitur hat er ein Vorwort vorausgesetzt, in dem er den
Abschiedsbrief bzw. Abschiedszettel eines sowjetischen Soldaten zitiert, der berichtet, wie er,
alleine geblieben und tödlich verletzt, noch gegen deutsche Panzer stand gehalten habe -,
und fragt sich, ob jemand irgendwann seinen Zettel finden würde... So hat Tschargejschwili
bis zuletzt gegen die Welt standgehalten. Ein weiteres - biblisches - Programm ist in der
Partitur auch vorhanden. Dieses Werk empfinde ich als die letzte große sowjetische
Symphonie, welche die Geschichte abschließt, die mit der Ersten Popows begonnen hat.
Hier werden zwei Elemente in einer einzigartigen Synthese vereint, die sonst immer streng
voneinander getrennt existiert haben: das Skrjabinsche, also die Musik eines dauerhaften
- meist ekstatischen - Zustands und das traditionell Symphonische, das Narrative, was sich
natürlich mit Beethoven assoziiert und in der sowjetischen Symphonik vor allem mit
Schostakowitsch verbindet. Eng verwandt mit der traditionellen sowjetischen Symphonie,
aber auch mit der apokalyptischen Ästhetik der 1970-90-er, zeichnet die Musik einen
vernichtenden Angriff des Bösen auf das Leben, und zwar auf eine ganz eindringliche, ja
herzzerreissende Weise.
Im Schatten dieser Symphonie erlaube ich mir jetzt eine vielleicht naive Antwort auf die
allgemeine Frage über die Beziehung zwischen Schönem und Bösem, die ich am Anfang
gestellt habe:
Es ist ein rein magischer Vorgang - das Böse damit zu besiegen, indem man es - als Künstler
- in das Schöne verwandelt.
...Als ich an meinem Buch gearbeitet habe, war es ein Abenteuer, an die Aufnahmen und die Noten
der Symphonie zu kommen; inzwischen findet man beides im Internet, also
empfehle ich allen, die diese Musik nicht kennen, sie für sich zu entdecken: Es ist sinnlos,
Ausschnitte zu zeigen, man sollte sie als Ganzes hören.